THEMA DES MONATS: Gaspreisdeckel und Änderungen des Marktdesigns
In der vergangenen Ausgabe hatte ich noch in der Gerüchteküche von Diskussionen über mögliche Gaspreisdeckel geschrieben. Mittlerweile ist das Thema einer möglichen Deckelung von Gaspreisen und von Eingriffen in das Marktdesign mit voller Wucht in der generellen energiewirtschaftlichen Diskussion angekommen. Es sind nach meiner Einschätzung drei wesentliche Faktoren, die zu einer erheblichen Intensivierung dieser Diskussion geführt haben: Die „Gaskrise“ wurde immer stärker zur „Strompreiskrise“ unter anderem durch den Merit-Order-Effekt im Stromspotmarkt. Der Angebotspreis des letzten eingesetzten Kraftwerks bestimmt den Preis in den Spot-Auktionen. Dies war im Sommer recht häufig ein Gaskraftwerk. Dadurch stiegen die Preise und die Produzentenrente für sogenannte inframarginale Anbieter im Strommarkt.
- Die EU-Kommission hat das Thema auf ihre Agenda gesetzt und will regulatorische Vorgaben machen.
- Die Preise sind so hoch, dass sie für viele Haushalte und Industrieunternehmen existenzgefährdend sind. Der Glaube, dies allein über direkte Unterstützungsmaßnahmen lösen zu können, ist begrenzt. Für viele Marktteilnehmer sind Eingriffe in die Preisbildung und die Marktmechanismen allein aufgrund der unbeabsichtigten Nebenwirkungen eine Schreckensvision.
Ich habe das Thema übrigens schon einmal im Thema des Monats in der April-Ausgabe geschrieben. Mittlerweile hat sich die Situation aber noch einmal deutlich verschärft.
Verstaatlichung der Importstufe der deutschen Gaswirtschaft
Die Chancen stehen gut, dass bis zum Ende des Jahres die deutschen Importgesellschaften für Gas weitgehend in staatlicher Hand sind. Beim größten deutschen Importeur Uniper sind die Würfel gefallen. Am 20. September war die Meldung, die Bundesrepublik werde Uniper vollständig übernehmen (zu 99 Prozent) die Topmeldung in der Tagesschau. Auslöser war eine entsprechende Ad-hoc-Mitteilung von Fortum, dem bisherigen Mehrheitseigentümer (rund 78 Prozent). Die offizielle Bestätigung inklusive näherer Erläuterungen folgten dann einen Tag später bei Pressekonferenzen von Uniper und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Erst im Juli hatte die Bundesregierung angekündigt, sich mit 30 Prozent an Fortum zu beteiligen. Diese Beteiligung ist noch nicht umgesetzt, weil die notwendigen beihilferechtlichen Prüfungen noch nicht abgeschlossen sind.
Seit Juli hat sich Unipers Situation wohl deutlich verschlechtert. Bis Ende August, dem vorerst finalen Ende der Gaslieferungen über Nord Stream 1, sind die Preise massiv angestiegen, der Day- Ahead-Preis hatte sich im Vergleich zum Juli verdoppelt. Damit sind der Finanzbedarf zur Kompensation fehlender russischer Lieferungen und die Sicherheitsanforderungen der Clearingbanken (Margin Calls) noch einmal stark gestiegen. Die im Juli zugesagten staatlich garantierten Kreditlinien von 9 Mrd. Euro waren Ende August ausgeschöpft, Uniper hatte eine weitere Kreditlinie von 4 Mrd. Euro beantragt.