THEMA DES MONATS Gazprom Export versus Gazprom Germania
Am 11. Mai erfolgte die nächste Drehung der Eskalationsschraube im deutsch-russischen Gasverhältnis. An dem Tag wurde ein Dekret des russischen Präsidenten Wladimir Putin vom 3. Mai bekannt. Russischen Organisationen und Unternehmen wurden die Geschäfte mit 31 einzeln aufgeführten Unternehmen untersagt. 30 Gesellschaften gehören zur Gazprom Germania Gruppe (GPG) – darunter auch die Holding selbst. Dazu kommt Europol, der Betreiber des polnischen Abschnitts der Jamal-Nord. Europol ist ein Joint Venture der staatlichen polnischen Gasgesellschaft PGNiG (52 Prozent) und Gazprom (48 Prozent). Dazu später noch einmal.
Betroffen von den Gegensanktionen sind auch WINGAS, Wintershall Erdgashandelshaus (WIEH) und astora. Die einzige wesentliche GPG-Gesellschaft, die auf der Liste fehlte, war die WIGA Transport Beteiligungs GmbH (WIGA). An WIGA sind Gazprom Germania und Wintershall DEA jeweils zu 50 Prozent beteiligt. Das Joint Venture hält die Beteiligungen an den Fernleitungsnetzbetreibern GASCADE, OPAL Gastransport und NEL Gastransport...
Energiesicherungsgesetz (EnSiG)
Im Mai haben Bundesrat und Bundestag der Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) zugestimmt. Die meisten Diskussionen und Änderungen gab es bezüglich des Preisanpassungsrechts gemäß § 24. Wenn die Alarm- oder die Notfallstufe ausgerufen wurde und es zu einer „erheblichen Reduzierung von Gasimportmengen“ kommt, dürfen die dadurch entstehenden höheren Beschaffungspreise durch die Lieferkette weitergegeben werden (ener|gate Gasmarkt 05/22). Die Idee: Wenn es zu einer Reduktion der Importmengen kommt, müssen die Importgesellschaften zu hohen Preisen diese Mengen durch Käufe am Handelsmarkt ersetzen (der Preis kann auch unendlich werden). Um eine Insolvenz der Unternehmen zu verhindern, sollen die entsprechenden höheren Preise durch die Lieferkette bis zum Endkunden weitergereicht werden. Im Gesetzgebungsprozess wurde versucht, diese Erhöhungsmöglichkeiten zu konkretisieren, zu begrenzen und zeitlich zu befristen...
REPowerEU
Im März hatte die Kommission in einer Mitteilung an den Rat und das Parlament die Grundzüge eines Konzeptes zur Reduktion der Abhängigkeit von russischen fossilen Energieträgern (REPowerEU) vorgelegt (ener|gate Gasmarkt 03 und 04/22) veröffentlicht. Neben der Substitution russischer Energie durch neue Lieferquellen war die Beschleunigung der Dekarbonisierung des Energiesystems ein wesentlicher Ansatzpunkt. In einer neuen Mitteilung vom 18. Mai hat die Kommission ihre Vorhaben weiter konkretisiert. Aus einer gaswirtschaftlichen Sicht sind vier Punkte interessant: Die EU richtet eine Energieplattform zur Bündelung der Nachfrage von Erdgas und Wasserstoff ein. Erste Aktivitäten wurden gestartet. Kurzfristig soll eine Nachfrage von 30 bis 70 Milliarden m3 gepoolt werden. Dies könnte der erste Schritt für eine freiwillige gemeinsame Beschaffung sein...