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Titel der Ausgabe:

Der Ukraine-Krieg und die gas-wirtschaftlichen Konsequenzen

Erscheinungsdatum:
07.03.2022
In dieser Ausgabe:

Im Februar kam mal wieder alles anders als geplant. Bevor ich in den Skiurlaub gefahren bin, habe ich ein langes Interview mit Toni Reinholz von der Deutschen Energie-Agentur (Dena) geführt. Thema waren Herkunftsnachweise und Zertifizierung von Wasserstoff, eine sehr komplexe Materie, aber für den Markthochlauf von Wasserstoff wichtig. Das Interview sollte Thema des Monats werden. Dann spitzte sich die Ukraine-Krise zu und Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte an, das Zertifizierungsverfahren für Nord Stream 2 auszusetzen (so zumindest die Kurzversion). Ich hatte vor, das Thema im Editorial zu behandeln, so richtig viel gibt es dazu ohnehin nicht zu berichten. Dann begann der russische Einmarsch in die Ukraine, an den ich in der Form bis zuletzt nicht geglaubt habe.

Im Grunde schon seit den immer heftiger werdenden Gaspreisturbulenzen und dem Regierungswechsel, aber spätestens seit Beginn des Ukraine-Krieges, ist die Gaswirtschaft eine andere geworden. Dies drängte es mich dann doch aufzuschreiben. So wurde dann im letzten Moment ein stark auch von meiner Meinung geprägtes Stück Thema des Monats. Kommentare dazu sind natürlich willkommen.

Wie fundamental sich der Gasmarkt wirklich ändert, bleibt abzuwarten. Aber meine Vermutung ist, dass dies so sein wird. Klar ist, dass zumindest das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BWMK) der derzeitigen Bundesregierung kein Interesse an einem „Erdgasmarkt“ hat, in dem Preissignale handlungslenkend sind. Das BMWK wird alles tun, um möglichst schnell aus der Nutzung von Erdgas auszusteigen. Im Ministerium wurde eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Gasreduktion“ ins Leben gerufen. Im Entwurf eines Positionspapieres vom 22. Februar heißt es: „Erdgas galt bisher als sichere und kostengünstige Brücke hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung (…). Die aktuelle Energiepreiskrise und die geopolitischen Unsicherheiten bedürfen einer Neubewertung von Erdgas als Brücke zur Grundlastfähigkeit von erneuerbaren Energien“.

Aufgrund meines Skiurlaubs wurde das Manuskript erst am 28. Februar abgeschlossen. Es sei Ihnen, lieber Leserinnen und Leser, versichert, gerade an allem, was mit der aktuellen Krisensituation zu tun hat, habe ich bis zur Minute des Redaktionsschlusses gearbeitet.

Es werden/bleiben aufregende Zeiten. Genießen Sie trotzdem die Lektüre.

THEMA DES MONATS Der Ukraine-Krieg & die gaswirtschaftlichen Konsequenzen

Während ich diesen Text schreibe, herrscht seit fünf Tagen Krieg in der Ukraine. Und zwar ein Krieg, den Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich in Europa eigentlich nach den Lehren aus dem zweiten Weltkrieg nicht mehr vorstellen wollten und konnten. Russland hat die Ukraine angegriffen, die Begründungen wirken absurd. Das erinnert eher an das 19. als das 21. Jahrhundert. Aber auch wenn man eine gewisse Lähmung überwinden muss, um weiterzuarbeiten - so sagte es auch ein Manager aus der Gaswirtschaft, mit dem ich sprach - bleibt einem nichts anderes übrig, als sich mit den Konsequenzen möglichst nüchtern zu beschäftigen. Da ich kein politischer Analyst bin, kann ich mich nur mit den gaswirtschaftlichen Konsequenzen befassen. Und Gas steht ökonomisch mit im Zentrum dieser Krise. Für die Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft enden spätestens mit dem Krieg in und um die Ukraine Überzeugungen, die für die ganze Branche für das gesamte Erdgaszeitalter (Prä- und Post-Liberalisierung) prägend waren: Die gaswirtschaftlichen Beziehungen zu Russland lassen sich aus politischen Spannungen heraushalten, gaswirtschaftliche Beziehungen wirken friedensbildend und stabilisierend & die Gaswirtschaft ist in der Lage, Fragen der Sicherung der Gasversorgung ohne politische Interventionen zu regeln...

Interview mit Toni Reinholz (Deutsche Energie-Agentur (Dena)) zum Stand der Zertifizierung von erneuerbarem/ CO2 -armen Wasserstoff

Vor rund einem Jahr habe ich mit Matthias Altmann, Berater bei Ludwig-Bölkow Systemtechnik, über Herkunftsnachweise für und die Zertifizierung von erneuerbarem und CO2 -armen Wasserstoff gesprochen (ener|gate Gasmarkt 02/21). Altmann hatte vor allem CertifHy beraten, ein 2014 von der EU-initiiertes Projekt zur Entwicklung von Herkunftsnachweisen für Wasserstoff. Mittlerweile zeichnet sich ab, wie die europäischen regulatorischen Vorgaben für Herkunftsnachweise und die Zertifizierung für grünen und CO2 -armen Wasserstoff aussehen werden. Darüber habe ich mit Toni Reinholz, der bei der Deutschen Energie-Agentur (Dena) für das Thema verantwortlich ist, gesprochen. Reinholz ist optimistisch, dass ab Anfang 2023 ein erster Rechtsrahmen in Kraft sein könnte und damit eine Basis für die entsprechenden Herkunftsnachweise und Zertifikate. Eine zentrale Erkenntnis des Interviews 2021 mit Altmann war: Es ist eine komplizierte Materie. An dieser Erkenntnis ändert sich nach dem Gespräch mit Reinholz nichts.

ener|gate Gasmarkt: Herr Reinholz, welche Rolle spielt die Dena bei der Zertifizierung von grünem Wasserstoff?

Reinholz: Wir betreiben das Biogasregister und in dem Register werden schon seit Jahren kleine Mengen Wasserstoff dokumentiert, die in das Erdgasnetz eingespeist werden. Dazu kam die Strategieplattform Power-to-Gas. Dabei kamen, als die ersten Elektrolyseure 2013 gebaut wurden, die Fragen auf, was eigentlich an Nachweisen regulatorisch schon möglich ist. Das war der Startpunkt... 

Bezahlbare, sichere und nachhaltige Energie für Europa

„Gemeinsame Maßnahmen für bezahlbare sichere und nachhaltige Energie“ ist der Entwurf einer Mitteilung der EU-Kommission an das EU-Parlament betitelt. Wie so häufig wurde der Entwurf informell in Brüssel verbreitet (eine gute deutsche Übersetzung für „geleakt“ suche ich noch; Straßenbahnfund wäre eine Idee). Die Mitteilung hat eine Vorgeschichte. Schon im Oktober 2021 hat die EU-Kommission einen Werkzeugkasten mit möglichen Maßnahmen vorgestellt, die von den Mitgliedsstaaten zur Senkung der Gas- und Strompreise ergriffen werden könnten (ener|gate Gasmarkt 11/21). Einige mittelfristig wirkende Maßnahmen zur möglichen Regulierung der Nutzung von Erdgasspeichern und der gemeinsamen Beschaffung einer strategischen Reserve fanden sich dann als Vorschlag zur Anpassung der europäischen SoS-Verordnung im Gas- und Wasserstoffpaket der EU-Kommission wieder. Der Entwurf zu dem Paket fand sich im November in Brüsseler Straßenbahnen und wurde im Dezember offiziell veröffentlicht (ener|gate Gasmarkt 01/22). Nun will die Kommission noch einmal mit gemeinsamen Aktionen aller Mitgliedstaaten nachlegen...