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Titel der Ausgabe:

Das THE-Marktgebiet

Erscheinungsdatum:
06.10.2021
In dieser Ausgabe:

Die Situation an den Gashandelsmärkten wird immer verrückter. Nicht nur steigen die Preise immer weiter an, auch die Intraday-Volatilität erreicht nie gekannte Dimensionen. Am 15. September ging der Preis für den Frontmonat Oktober im Verlauf des Tages um 13,00 Euro/MWh nach oben und am gleichen Tag innerhalb von zwei bis drei Stunden um 14,00 Euro/MWh nach unten. Fundamental sind das geringe Angebot für das Preisniveau und die Schwankungen bei den Gasflüssen aus Russland sowie die Unsicherheit über die Inbetriebnahme und die Mengenpotenziale von Nord Stream 2 für die Volatilität verantwortlich (so die Kurzversion).

Welche Rolle Algo-Trading Systeme spielen, habe ich mit einer ganzen Reihe von Händlern diskutiert. Ein Händler glaubt, dass vor allem „neue“ Algo-Systeme amerikanischer Hedgefonds einen entscheidenden Einfluss haben. Die Systeme seien eigentlich für sehr liquide Märkte (Aktien) konzipiert und für den Gashandel „zu schnell“. Eingesetzt werden sie in erster Linie im kurzen Ende im Terminhandel an der Energiebörse ICE. Die ICE dominiert mittlerweile den Terminhandel für die TTF. Alle anderen Händler, mit denen ich gesprochen habe, bestätigen die zunehmende Rolle der Algos und auch die zunehmende Bedeutung von Fonds als Marktteilnehmer. Aber keine zweite Quelle wollte dem automatisierten Handel eine entscheidende Rolle für die die aktuelle Marktsituation zusprechen. Die Algos verstärken Marktbewegungen, aber entscheidend sei die fundamentale Knappheit und auch die zunehmenden Bedenken über die Versorgungssituation im kommenden Winter.

Das Thema des Monats ist die Zusammenlegung der beiden Marktgebiete. Die Älteren unter Ihnen erinnern sich, dass der deutsche Gasmarkt nach der bahnbrechenden Novelle des EnWG im Jahr 2005 (erinnert sich noch jemand an das Zwei-Vertrags-Modell?) im Jahr 2006 mit 19 Marktgebieten startete. Mit den beiden Marktgebieten GASPOOL und NCG, in die 2011 alle anderen Marktgebiete integriert waren, konnten die meisten Marktteilnehmer dann ganz gut leben. Die Zusammenlegung zum THE-Marktgebiet war anfangs kein Projekt, das Begeisterungsstürme hervorrief. Im Thema des Monats wird dies noch einmal beleuchtet. Aber es soll auch aufgezeigt werden, wie es nun weitergeht.

THEMA DES MONATS Das THE-Marktgebiet

Am 1. Oktober wird auch Gas-Deutschland vereinigt sein. Dann startet das THE-Marktgebiet. Das heißt, wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser diese Ausgabe in Händen oder auf Ihrem elektronischen Schreibtisch halten, wissen Sie, ob der Start reibungslos funktioniert hat. Torsten Frank und Sebastian Kemper, zwei der Geschäftsführer des nicht mehr ganz neuen Marktgebietsverantwortlichen (MGV) Trading Hub Europe sind ganz optimistisch, dass es funktionieren wird. Quasi als Fußnote: Nicht mehr ganz neu, weil die Gesellschaft schon seit dem 01. Juni am Start ist und bisher die beiden bestehenden Marktgebiete betreibt.

Die Vorbereitungen, auch die IT-technischen, sind abgeschlossen. Spannend wird sein, ob am 01. Oktober der Regelenergiehandel und der Zugang zum VHP-Portal sofort reibungslos funktionieren: „Das erste Mal Regelenergiemanagement für ganz Deutschland ist mit Sicherheit etwas, das auch für uns sehr spannend ist“, sagte Kemper. Der gesamte Regelenergiehandel liegt mit dem THE-Start bei dem ehemaligen GASPOOL- (jetzt THE)- Dispatching-Team unter Leitung von Heiko Bock.

Beide Geschäftsführer zeigten bei aller Zuversicht durchaus Respekt vor der Komplexität, die bei der Zusammenlegung zu bewältigen war: „Das ist schon Hochreck geworden“, machte Frank es plastisch. „Nunmehr 14 anstelle von acht Dispatchern sind dann einfach auch eine organisatorische Herausforderung“, nannte Kemper als Beispiel. Die IT-Systeme für den Regelenergiehandel mussten ebenfalls neu programmiert werden.

Wasserstoff-Netzentgeltverordnung

Am 06. September hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) den Referentenentwurf für die Wasserstoff-Netzentgeltverordnung (H2NEV) zur Konsultation veröffentlicht. Für Unmut sorgte die sehr kurze Frist von vier Tagen, die den Verbänden für eine Stellungnahme zur Verfügung stand. Allerdings enthielt die Verordnung auch keine wirklich großen Überraschungen.

Die H2NEV macht keine konkreten Vorgaben, wie die Netzbetreiber auf Basis der Kostenregulierung ihre Entgelte bestimmen. Die wichtigsten Zahlen fehlten in dem Entwurf: Die Höhe der Eigenkapitalverzinsung für neue und existierende H2-Pipelines. Dazu sollten die Marktteilnehmer in ihren Stellungnahmen Vorschläge machen, die das besondere Risiko des Baus und Betriebs einer Wasserstoffleitung berücksichtigen. Dieser Zinssatz soll dann so lange gelten, bis die BNetzA erstmals einen Zinssatz festlegt. Dieser soll frühestens ab dem 01. Januar 2028 angewendet werden, heißt es in dem Referentenentwurf.

Entscheidung des europäischen Gerichtshofs zur Unabhängigkeit der BNetzA

Am 02. September hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) seine Entscheidung bezüglich der unzureichenden politischen Unabhängigkeit der BNetzA verkündet. Die EU-Kommission hatte gegen die Bundesrepublik Deutschland geklagt. Ein zentrales Argument: Die Verordnungsermächtigungen für die Bundesregierung im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) erlauben Vorgaben für die Arbeit der BNetzA, die mit der in den Richtlinien festgelegten Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde nicht vereinbar seien. Im Januar war der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen dieser Argumentation gefolgt (ener|gate Gasmarkt 02/21). Die finale Entscheidung des Gerichts kommt deshalb wenig überraschend. Das Gericht argumentiert unter anderem, durch die Richtlinien in Verbindung mit den Verordnungen und Netzkodizes seien die Vorgaben für die Arbeit der Regulierungsbehörden ausreichend konkret und bestimmt.

Die meisten Verbände und Energierechtsexperten in Deutschland sehen die Entscheidung des EuGH sehr kritisch und halten nationale rechtliche und politische Vorgaben für unerlässlich und auch verfassungsrechtlich geboten. Über das Verhältnis von europäischem und nationalem Recht wird in Europa aktuell insgesamt kontrovers und intensiv diskutiert, dazu passt auch diese Entscheidung mit dem klaren Vorrang für europäisches Recht.